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Ansprache von Oberbürgermeister Herrn Felix Heinrichs anlässlich des 80. Geburtstages von Pfr. Manfred Riethdorf

Es gilt das gesprochene Wort.


Lieber Manfred Riethdorf,


du hast mich gebeten heute ein paar Worte zu sagen und es ist für mich eine ganz große Freude im Namen der Stadt Mönchengladbach zu gratulieren. Aber es ist auch eine ziemliche Herausforderung. Eine Freude, weil wir uns lange kennen, weil ich dich sehr schätze. Eine Herausforderung, denn was soll man denn noch sagen über Manfred Riethdorf nach 80 Jahren? Nach fast 55 Jahren Priestertum. Ich kann mich gut an dein goldenes Priesterjubiläum erinnern, das wir hier vor fünf Jahren gefeiert haben. Was kann man sagen nach Horst Thoren? Und ich hoffe Horst, du sieht es mir nach, dass ich es heute mit goldigen Worten versuche und davon Abstand nehme, eine Sondersteuer für eine goldene Medaille zu erheben. Das ist hoffentlich auch in Ihrem Sinne, liebe Gäste. Was will man sagen, lieber Manfred Riethdorf, nachdem du heute viele deiner guten Wesenszüge fromm und frei der Rheinischen Post im Interview erzählt hast und wir es alle nachlesen können?


Mir kamen zwei Ideen über Ostern. Die erste Idee hat etwas mit diesem besonderen Ort zu tun. Da ich hier an einem Ambo in einer voll besetzten Kirche sprechen darf, habe ich mich daran erinnert, was deine Predigten so besonders macht. Du schaffst es, in deinen Predigten nicht nur die aktuellen Bezüge in den Fokus zu stellen, nicht nur passende und manchmal blumige Worte zu finden, sondern du schaffst es auch immer, in die theologische Tiefe einzutauchen.


Und dann kam mir eine zweite Idee. Wenn ich heute ein wenig – keine Sorge, es wird nur wenige Minute dauern – Bibelexegese betreiben darf, ein wenig theologisch werden darf – das mag zwar ungewöhnlich für einen Oberbürgermeister sein, ist aber dem Ort, dem Anlass und der zu ehrenden Person angemessen – dann möchte ich am liebsten über einen Teil der Passionsgeschichte, der Ostergeschichte sprechen, der mich immer schon fasziniert hat. Und diese Geschichte passt auch zu dir, lieber Manfred. Es geht um Verrat und Vergebung.


Jetzt kommt allerdings nicht das, was Sie jetzt sicher erwartet haben, nämlich die Geschichte des Judas. Der übrigens interessanterweise gar nicht in allen vier Evangelien genannt wird.


Wir wissen sowieso nicht, was genau vorgefallen ist, aber Judas taucht eben noch nicht einmal überall auf.


Es gibt hingegen ein Detail, eine Geschichte, die in allen vier Evangelien auftaucht. Ich möchte über Petrus sprechen. Petrus, der erste der Jünger, zu dem Jesus bekanntermaßen gesagt hat: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.“ Dieser Petrus, der am Abend der Verhaftung im Garten Gethsemane das Schwert zog und einem Diener des Hohepriesters Kaiphas ein Ohr abhieb, um seinen Herrn und Meister zu verteidigen. Dieser Petrus, der aufgerufen hat, Jesus zu verteidigen, ihn nicht mitziehen zu lassen vor das Gericht. Dieser Petrus, dem Jesus vorhergesagt hat, noch ehe der Hahn schreit, wirst du mich drei Mal verraten haben. Dieser Petrus hat Jesus verraten. Drei Mal. Sie alle kennen die Geschichte und dann krähte der Hahn.

Petrus, als derjenige, der die Schlüssel zum Himmel verwalten sollte. Der erste Bischof von Rom, der Vorgänger, auf den sich alle Päpste berufen seit zweitausend Jahren. Dieser Petrus, der doch so voller Eifer und Leidenschaft seinen Herrn verteidigt hat, sagt in der größten Stunde der Not, in der Verhaftung von Jesus: „Ich kenne ihn nicht“.

War er ein Feigling? War er sich nicht mehr sicher? Hat er gezweifelt in dem Moment? Oder war er eines, was wir alle sind, nämlich einfach ein Mensch? War er ein Mensch, der in dem Moment schlicht auch Angst gehabt hat, der nicht wusste, was richtig ist, da er seinen Meister, seinen Herrn, seinen Christus verhaftet sah?


Aber er war jemand, der um Vergebung gebeten hat und dem vergeben worden ist. Der hinausgezogen ist und ohne den das Christentum nie die Verbreitung gefunden hätte, die es zur Weltreligion gemacht hat. Alle Päpste und Priester berufen sich auf diesen Petrus. Sie berufen sich auf einen Menschen, der eben auch Schwächen gezeigt hat, weil er ein Mensch gewesen ist. Und ich finde diese Eigenschaft, die trifft auch auf dich zu, lieber Manfred, weil du ein Mensch bist.


Und die ganze Kirche heute ist voll von Menschen, die dir gratulieren und zwar nicht alleine, weil wir dich als Lehrer schätzen oder geschätzt haben, nicht in erster Linie, weil wir dich als Zauberer schätzen oder als Klavierpianisten und Virtuosen, als Musiker, nicht weil wir dich nur als Seelsorger schätzen.


Was kann es eigentlich schöneres geben an einem 80. Geburtstag, als eine Kirche voller Menschen vor sich zu sehen, die sagen: Danke, lieber Manfred Riethdorf, dass du so ein guter Mensch bist. Herzlichen Glückwunsch.




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