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Ansprache von Herrn Horst Thoren anlässlich des 80. Geburtstages von Pfr. Manfred Riethdorf

Es gilt das gesprochene Wort.


Gäbe es den Mönchengladbacher Preis für Herzlichkeit, der Sieger stünde schon fest. In der Klasse der 80-Jährigen, da bin ich mir sicher, würde die hier versammelte Jury einstimmig entscheiden: Manfred Riethdorf. Und vielleicht, meine Damen und Herren, liebe Freunde unseren bezaubernden Seelsorgers, greift der Oberbürgermeister dieser Stadt die Idee auf und verleiht spontan die Felix-Heinrichs-Medaille für Herzensgüte in Gold.


Manfred Riethdorf hat es verdient, gelobt, gepriesen, gefeiert zu werden. Denn er kann, was in dieser Gesellschaft selten geworden ist. Er kann zuhören und dann auch Antwort auf die entscheidenden Frage geben, die im Innersten bewegen und das Leben bestimmen. Was wird aus mir? Warum bin ich so? Wer liebt mich? Aus dieser Zugewandtheit, aus seinem ehrlichen Interesse am Mitmenschen ergibt sich seine seelsorgerische Stärke. Er ist, was der Papst gern sein möchte - ein Brückenbauer. Manfred Riethdorf schafft Verbindungen in dieser Stadt, als Mittler zwischen den Religionen, als verständnisvoller Gesprächspartner auch der Unzufriedenen, im Dialog selbst mit Rabauken, in der Nothilfe für Arme und Schwache, als sozialer Apostel und priesterlicher Lehrmeister, als freudiger Wegbegleiter bei frohen Festen.


Sein Auftreten ist stets bescheiden. Sein Äußeres drückt aus, was ihn im Inneren bewegt: Er nimmt sich zurück, um Nähe zu ermöglichen. Wer den weißgelockten Priester wahrnimmt, ob er oder sie gläubig ist oder der Kirche fern, schöpft schnell Vertrauen. Den Obdachlosen, die am Kirchenportal betteln, hilft er. Den Junkies in der City ist er Ratgeber. Wo andere Konflikte fürchten, nimmt er eine mögliche Gefährdung in Kauf und geht auf jeden zu, mag er noch so bedrohlich wirken. Gefragt: Hast du keine Angst?, antwortet er: Ich tu denen doch nichts …


Dabei tut er viel Gutes. Seit nahezu einem halben Jahrhundert ist Manfred Riethdorf der gute Geist von Sankt Marien. Seinen Dienst, den er auch im Alter mit Disziplin und Freude wahrnimmt, sieht er als Berufung. Als ihn Karl Borsch, der Aachener Weihbischof, jüngst fragte, wie lange er denn noch tätig sein wolle, antwortete Manfred Riethdorf kurzerhand: Bis Pflegestufe 5.


Davon ist er – Gottlob - noch weit entfernt. Und viele in seinem Umfeld haben es sich zur Aufgabe gemacht, auf ihn zu achten, ihn zu bekochen und zu betütteln. Kleiner Tipp: Was er besonders mag, sind Frikadellen!


In der Statistik der Region Mönchengladbach ist nachzulesen, wer besonders häufig als Seelsorger für Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen angefordert wird. Manfred Riethdorf ist danach ein gesuchter Dienstleister für kirchliche Obliegenheiten. Das mag daran liegen, dass er auf die Menschen eingeht, immer ein gutes, treffendes Wort findet, Trost spenden, aber auch Freude vermitteln kann. Von Manfred Riethdorf in den Arm genommen zu werden, vermittelt das wunderbare Gefühl der Geborgenheit.


Bei einem jetzt 80-Jährigen wäre zu vermuten, dass er es besonders gut mit der älteren Generation kann. Aber Manfred Riethdorf ist auch hier ein Brückenbauer, der sowohl ältere als auch junge Menschen im Dialog erreicht. Das mag daran liegen, dass er lange (ab 1979) am Gymnasium Geroweiher unterrichtete. Dass er viele seiner Schülerinnen (die Schule war ursprünglich ein Mädchengymnasium) traute und deren Kinder taufte. Inzwischen ist er oft auch Wegbegleiter der dritten Generation.


Was Manfred Riethdorf auszeichnet, ist seine ausgeprägte Fähigkeit, in jeder Situation, in jeder Begegnung, jedem Gespräch feinfühlig zu erkennen, was den anderen oder die andere bewegt. Er ist nie aufdringlich. Aber er gibt immer das stärkende Signal: Öffne dich, ich höre dir zu. Gottes Wort ist für ihn der Schlüssel zum Leben. Gottes Weisung der Mitmenschlichkeit ist sein Auftrag – alle Tage, jede Stunde, jede Minute – selbst in tiefster Nacht.


Wenn er predigt, verkündigt er. Wer ihn vor einer Messe fragt: Worüber sprichst du denn heute?, bekommt eine überraschende Antwort: Das musst du mich danach fragen. Natürlich ist Manfred Riethdorf stets bestens vorbereitet. Und doch macht er von der Stimmung des Augenblicks, von der Reaktion der Menschen abhängig, wie er eine gute Ansprache findet. Das hat er, lange in der Priesterausbildung tätig, auch jungen Seelsorgern vermittelt. Eine Predigt darf anstrengen, darf aber nie langweilen.

Manfred Riethdorf geht auf sein Publikum ein. Der Begriff Publikum mag verwundern. Doch er passt, weil Manfred Riethdorf begeistern möchte. Und es gelingt ihm, weil er nie von der hohen Kanzel herab predigt, sondern mit seinen Worten ins Herz der Menschen zielt. Er hält keine Strafpredigten. Er kann aber durchaus ermahnen. Er will vor allem eins – zum Nachdenken anregen. Er ist zufrieden, wenn die Gläubigen nach einem Gottesdienst mit einem seiner Gedanken im Gepäck nach Hause gehen, ihn zu Hause auspacken und weiterdenken. So geht Überzeugung.


Bischof Helmut Dieser soll überrascht gewesen sein, als er von dem zauberhaften Priester aus Mönchengladbach hörte. Der Bischof schreibt in seinem Glückwunsch: „Wer zaubern will, darf nicht böse sein! Denn nur Liebe und Liebenswürdigkeit können Menschen verzaubern!“ Das kann Manfred Riethdorf. Er (ver-)zaubert gerne und gut. Sein unerschöpfliches „Wasser aus Indien“ macht kleine Wunder möglich mit Karten und Schnüren, mit Phantasie und Augenzwinkern. Das kann er – Menschen in seinen Bann ziehen. Und ihnen das gute Gefühl geben, persönlich angesprochen zu sein.


Sein wichtigstes Handwerkszeug ist mittlerweile das Handy. Manfred Riethdorf hat es häufig in der Hand, ist damit stets Ohr und immer auf dem Laufenden, was sich bei seinen vielen Schäfchen tut. Auch im Urlaub – jedes Jahr vier Wochen Norderney – praktiziert er Nähe durch Fernseelsorge. Mögen andere diese ständige Erreichbarkeit als lästig empfinden, für Manfred Riethdorf ist das Mobilphone fast schon ein besserer Beichtstuhl. Und eine fromme Optik hat sein Handy auch. Die schlichte Hülle lässt vermuten, es handele sich um sein Brevier.


Manfred Riethdorf ist stets authentisch. Er bleibt sich treu. Wenn andere sich im Karneval verkleiden, geht Manfred Riethdorf als Manfred Riethdorf. Wenn manche nach höchsten Ehren streben, ist ihm das Erleben wichtiger. Er hat sich auch mit 80 seine Neugierde und Wissbegierde bewahrt. Er liest viel, will alles begreifen und greift wohl deshalb auch als Klavierschüler in die Tasten. Er möchte teilhaben an allem, was Gott uns geschenkt hat. Er teilt mit allen, was er an guten Gaben mit auf den Lebensweg bekommen hat.


Manfred Riethdorf – seinerzeit mit Johannes van der Vorst und Hermann-Josef Schagen vom Bahnhof Mönchengladbach ins Priesterseminar gestartet – gehört zur Generation der Priester, die noch volle Kirchen erlebt haben. Ihm ist bewusst, dass die Abkehr von Kirche durchaus auch mit Fehlern der Institution zu tun hat, aber er sieht vor allem die frohe Botschaft, die es zu verkünden gilt: Glaube, Liebe, Hoffnung.


Dass heute das Gotteshaus gefüllt ist, kann seiner Strahlkraft zugeschrieben werden. Dass hier gefeiert wird, hat für ihn besondere Bedeutung. In St. Marien Rheydt wurde er geweiht, hier hat er im Pfarrhaus vor 45 Jahren seine Heimat gefunden, von hier aus startet er jeden Tag neu zu seiner Mission der Herzlichkeit.


In einer Zeit, in der Hass und Hetze den Zusammenhalt gefährden, ist es ein stärkendes Gefühl, die Mitmenschlichkeit eines Manfred Riethdorf zu erfahren. Die Talente, die Gott ihm mit auf den Lebensweg gegeben hat, setzt er für uns alle ein – in Wort und Tat, in Predigt und Nothilfe. Er kennt keine Feinde. Er lebt die Freundschaft. Möge Manfred Riethdorf die göttliche Gnade beschieden sein, noch lange die frohe Botschaft zu verbreiten, die im Rheinland liebenswert daher kommt: De Hauptsach es, et Hätz es jot!




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