Denkanstoß von Pfr. Klaus Hurtz am 16. Mai 2024 in der Rheinischen Post
Mönchengladbach · Pfingsten ist in „Reineke Fuchs“ für Goethe „das liebliche Fest“, und er beschreibt mit Emphase, dass Feld und Wald ergrünen und erblühen und die Vögel ihren Gesang erheben. Doch Pfingsten ist weit mehr, schreibt unser Autor.
„Die sind wohl von allen guten Geistern verlassen!“ Ein Ausruf, der es in sich hat, besitzt er doch eine große Bandbreite, die vom blanken Erstaunen über starke Empörung bis hin zu tiefem Erschrecken und nackter Angst reichen kann. In dieser Redewendung hält unsere Sprache eine wichtige Erfahrung in Erinnerung: Wem immer die guten Geister abhandenkommen, der ist in höchster Gefahr, anderen und auch sich selbst unabsehbaren Schaden zuzufügen.
Ich muss gestehen, dass mir in letzter Zeit dieser Zuruf des Öfteren in den Sinn gekommen ist. Nicht nur bei manchen Mächtigen in der Welt oder manchen Ideologen in unserem Land, sondern auch bei gewissen Trends und Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Wo Hass-Mails, Fake-News, Manipulationen, Zerstörung und Gewalt und Ähnliches mehr zum Alltag werden, da haben sich die guten Geister schon lange verabschiedet.
Doch soll auch das Morgen lebens- und liebenswert sein, dann brauchen wir einen Geist, der unseren Mut und unsere Hoffnung stärkt, der uns Einsicht und Erkenntnis vermittelt, der uns hilft zu verstehen und Verständnis zu haben, der uns mit Rat und manchmal mit Trost beisteht; oder kurz: der Leben schafft und zum Leben befähigt. Und genau dies ist uns von unserem Glauben zugesagt! Bereits im ersten Kapitel vom Lukas-Evangelium wird er uns durch den Verkündigungsengel vorgestellt. Im Dialog mit ihm kann Maria zunächst nicht erkennen, wie seine Botschaft Wirklichkeit werden soll, da verweist der Engel auf ihn: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“ (Lk 1, 35a) Geheimnisvoll und verborgen beginnt die Heilsgeschichte durch sein Wirken, und sie kann mit Sturmesbrausen und Feuerzungen vor den Augen der Welt weitergehen, weil Christus bei der Rückkehr zum Vater ihn den Seinen als Beistand versprochen hat. Am hohen Pfingstfest feiern wir die Erfüllung dieser Verheißung.
Der Heilige Geist ist auch uns zugesagt, in der Taufe haben wir ihn empfangen; und er lässt uns gewiss nicht im Stich! Doch soll er seine guten Gaben in uns entfalten, bedarf es einer wichtigen Voraussetzung: Wir müssen uns ihm öffnen! Denn das können wir von der ersten Geistsendung lernen, alle Jüngerinnen und Jünger waren bedrückt und verwirrt, waren orientierungslos und voller Angst, nicht umsonst versammelten sie sich hinter verschlossenen Türen. Aber selbst in dieser Situation der Verlassenheit und Isolation behielten sie ihr Vertrauen im Wort Christi und öffneten sie sich dem Heiligen Geist.
Pfingsten ist in „Reineke Fuchs“ für Goethe „das liebliche Fest“, und er beschreibt mit Emphase, dass Feld und Wald ergrünen und erblühen und die Vögel ihren Gesang erheben. Doch Pfingsten ist weit mehr! Es ist das unüberbietbare Versprechen Gottes, uns beizustehen und zu helfen, wie groß auch immer unsere Verwirrung, Not, Angst auch sei. In diesen Zeiten, scheint mir, haben wir Grund genug, uns diesem Beistand zu öffnen.
Klaus Hurtz ist Pfarrer von St. Marien, Rheydt, und vom Trostraum St. Josef, Grabeskirche.
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